Rennberichte
Schon am Donnerstag Abend ging es in Richtung Garmisch, die Erlebnisse des Vorjahres, wo aus geplanten 6,5 h Fahrzeit in Folge von Staus fast 10 wurden und ich dann leicht gehetzt am Start stand, weil für Einchecken, Abendessen, Klamotten bereit legen usw nur wenig Zeit war, wollte ich nicht wieder haben. Dieses Mal war es besser, kleines Motel direkt an der Autobahn mit Ankunft am späten Vormittag war viel entspannter und nur 35 Euro teurer.

In den Tagen davor hatte sich die Nachrichtenlage zur Strecke fast täglich verschlechtert. Es war klar, es liegt viel, viel mehr Schnee oben als im Vorjahr, Ende Mai hatte es nochmals eine große Menge Schnee gegeben, der nicht abgetaut war. Auch die Wetterlage am Renntag hatte sich fast täglich verschlechtert, am Vortag war von Gewittern am Nachmittag mit Hagelgefahr die Rede, es ist nun mal ein echtes Outdoor Event. Wegen des Schnees hatten sie Änderungen am Kurs vorgenommen, die mir -rückblickend betrachtet- entgegen kamen. Ab dem VP Hochalm auf 1700 m ging es nicht den breiten Weg hoch zum Osterfelder Kopf auf rund 2000 m und danach auf engen Trails, teilweise mit Stahlseilsicherung, wieder runter, sondern umgekehrt. Ich bin kein begnadeter Bergabläufer, sondern technisch limitiert, während mich technisch schwere und steile Strecken bergauf nicht stören. Auch beim Jungfrau Marathon habe ich beim Schlussanstieg ab dem Skilift bergauf viele Plätze gut gemacht. 

Die Unwetterwarnung hatte zur Folge, dass sie die 3 Langstrecken (62, 88 und 100) zusammen legten und auf 62 km verkürzten. Sie wollten vermeiden, dass irgendwer nur mit Stirnlampe als Beleuchtung auf 2000 m Höhe im Gewitter durch die Nacht irrt und "Blitze zum Anfassen" erlebt. Rückblickend betrachtet war die Vorsorge unbegründet, die Gewitter blieben aus, so ab 14-15 Uhr kam eine "trockene" Kaltfront, die die Luft abkühlte und die Luftfeuchtigkeit reduzierte. Es regnete dann zwar in der Nacht, aber ohne Gewitter. Die Zusammenlegung der drei Strecken plus Gewitterwarnung war für mich aber dann das letzte noch fehlende Argument, es bei den 39 km als Strecke zu belassen, auch dies retroperspektivisch eine richtige Entscheidung, die 23 km plus 1000 Höhenmeter mehr wären zu viel gewesen an diesem Tag.

 

Beim Start stand ich viel zu weit hinten, was dazu führte, dass ich beim ersten Anstieg am Ortsende von Mittenwald im Stau steckte und gefühlt 5 min verlor, na toll, fängt ja schon mal gut an. Danach rollte es aber. Anders als letztes Jahr, wo ich anfangs trödelte und dann versuchte, das über einen "Zwischensprint" zwischen km 7 und 15 zu kompensieren, wählte ich dieses Mal ein sehr gleichmäßiges Tempo. Das Schlagwort war "Materialschonung" und zwar das Bio-Material, den Körper, schonen. An den Anstiegen gehen, Stöcke zur Unterstützung benutzen und bergab nicht full speed, sondern mit Gefühl laufen und vermeiden, die "Oberschenkel zu schrotten". Das war letztes Jahr mein Kardinalfehler, schon vor dem eigentlichen Sturz hatte ich auf dem technisch extrem anspruchsvollen Jägersteig 10-12 "Beinahestürze", weil ich eigentlich schon am Einstieg des Jägersteig, etwa 9 km vor dem Ziel, kräftemäßig am Ende war und ich fehlende Kraft technisch nicht kompensieren kann.

Dieses Jahr habe ich das viel besser hinbekommen, der Vergleich meiner Strava Segmente zeigt, dass ich ab km 5 fast überall schneller war als letztes Jahr und das nicht nur im Sekunden, sondern im Minutenbereich. So etwa ab km 20 war ich im Flow, es ging dann 10 km fast nur bergauf von 790 m (Partnachklamm) auf 2000 m (Osterfelderkopf), aber ich hatte nie, das Gefühl, am Limit zu sein. Das Überqueren der Schneefelder war zwar ein mulmiges Gefühl, denn es ging seitlich teils steil bergab und eine Seilsicherung fehlte, aber mit ausreichender Konzentration ging alles gut. 

Beim Erblicken des höchsten Punkts der Strecke stimmte ich spontan ein "oh, wie ist das schön... " an, was mir irritierte Blicke der 24 km Läufer einbrachte, deren letztes Drittel des Feldes wir dort schon aufgelaufen hatten. Ab der Partnachalm waren wir eine kleine 4er Gruppe, 2 Männer und 2 Frauen, eine der beiden Damen gewann später die Senior Wertung des XL Laufs bei den Frauen, mit denn ich  gemeinsam die Serpentinen hochzog. Zu meiner Überraschung war ich der schnellste der Gruppe bergab, damit hätte ich nie gerechnet, aber die Beine waren dieses Jahr eben noch frisch.

Ab dem Osterfelder Kopf, wo ich bergab letztes Jahr gefühlt 50 Plätze plus x verloren habe, wurde ich noch viermal überholt, alles Läufer, die altersmäßig optisch unter 40 waren und somit keine Gefahr für die AK Wertung, aber selbst überholt habe ich vermutlich über 100 und das, obwohl ich immer noch mit Sicherheitsreserve lief, der Sturz beim Rennsteig reichte. Zwar stammte die Mehrzahl der Läufer, die ich überholte, vom letzten Drittel des Basetrail Kurses über 24 km, zu erkennen an den Startnummern mit der 4 vorne, aber es waren auch einige 3 er vom XL Kurs dabei und so habe ich mich im Klassement noch ein gutes Stück nach vorne gearbeitet. Die neuen Schuhe brachten einen großen Batzen zusätzliche Sicherheit, auf dem oberen Teil des Jägersteig hatte ich nicht eine heikle Situation, in der unteren Hälfte, nach dem Ziehweg, merkte ich dann zwar schon, dass die Waden Krampfansätze zeigten, wenn ich wegen Treppen oder Stufen springen oder einen großen Ausfallschritt machen  musste und ich bin auch 4-5 mal leicht wegrutscht, aber kein Vergleich mit dem letzten Jahr .

Als wir dann auf das letzte, ca 2 km lange Asphaltstück von Obergrainau nach Grainau kamen, war die Euphorie schon riesig, da konnte nichts mehr passieren und ich wußte, mich hatte kein Senior auf den letzten knapp 20  km ab der Partnachalm mehr überholt. 

Wir hatten oben, am Osterfelder, in der Gruppe zum letzten Mal auf die Uhr geschaut und festgestellt, dass eine Zeit sub 6 Stunden drin ist, denn es waren noch rund 90 min “Luft”. Letztes Jahr lief ich 6:18 h gesamt, ab dem Osterfelder etwas mehr als 75 min, und somit war die persönliche Bestzeit zum Greifen nah. Danach habe ich nicht wieder auf die Uhr geschaut, am Jägersteig hat man dafür keine Augen. Unten, ab dem Flachstück in Obergrainau,  habe ich nochmal "geballert", schnell laufen stand heute zwar  eigentlich nicht auf dem Programm, aber wenn es läuft und man noch Kraft hat, kann man so einen Endspurt schon machen. Dennoch war ich positiv überrascht, dass die Paceanzeige der Uhr sogar auf 4:3x-4x runterging und dort bis zum Ziel blieb. Auf die Gesamtzeit habe ich aber nicht geachtet und war daher völlig geflasht, als ich dann die Zieluhr sah und dort eine 5:3x stand. Somit habe ich gerade mal 60 Minuten für die ganze Bergabpassage gebraucht und meine Bestzeit fast um 45 min verbessert.  Am Ende wurden es 5:38 h, Platz 8 von 81 in der Altersklasse, Platz 101 von rund 500 Männer gesamt  und das Weizenbier mit den Freunden danach schmeckte super. 

Wolfgang

Mountainbike Team
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